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Homöo-Akademie in Traunstein – Die nächste Runde

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Der Titel dieses Beitrags ist geklaut, und zwar vom Blog Beweisaufnahme in Sachen Homöopathie. Dort beschäftigt sich Norbert Aust mit der geplanten Hochschule für Homöopathie in Traunstein (auch Psiram berichtete). Kürzlich wies er darauf hin, dass der angekündigte Bachelor-Studiengang nicht die Anforderungen für eine staatliche Zulassung erfülle. Unter anderem müssen nämlich die Lehrkräfte über ein abgeschlossenes Hochschulstudium verfügen, hauptberufliche Lehrkräfte müssen promoviert sein. Das Dozententeam, “das seinesgleichen sucht“, erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Der “Fachbereichsleiter Grundlagen Homöopathie” beispielsweise kann in seiner Vita zwar auf “viel Eigenstudium” verweisen, versteht es, Krebs homöopathisch zu behandeln und hat den “unwiderlegbaren Zusammenhang” zwischen Rötelnimpfung und Gelenkrheuma erkannt (Einzelheiten hier im Wiki), aber das nützt alles nichts: ihm fehlt der nötige Hochschulabschluss und der Hälfte der übrigen Dozenten auch. Der für 2014 angekündigte Beginn des Lehrbetriebs wäre deshalb womöglich rechtswidrig, erst recht die Vergabe von akademischen Graden.

Zwischendurch zur Erinnerung: Die Gründung der Hochschule in Traunstein wird von der “Europäischen Union der Homöopathie” EUH betrieben, einem Zusammenschluss von einigen süddeutschen und schweizerischen Homöopathen. Kopf der EUH ist der Arzt Urs Rentsch. Der Studiengang soll in Zusammenarbeit mit der privaten Berliner Steinbeis-Hochschule betrieben werden, die Erfahrung mit komplementärmedizinischen Studiengängen hat. Die EUH firmiert jetzt als “Steinbeis-Transfer-Institut EUH”, mit Urs Rentsch als Chef.

Rentsch hat auf Austs offenen Brief geantwortet. Zunächst unterstellt er dem Blogger, dieser wolle sich nur wichtig machen, um den Verkauf seines Buches anzukurbeln (Aust hat ein kritisches Buch zur Homöopathie geschrieben). Dann erklärt Rentsch, der Studiengang sei von der Berliner Senatsverwaltung anerkannt und damit handele es sich um einen “staatlich anerkannten Studiengang”. Im nächsten Satz heißt es jedoch, “momentan” befinde man sich “im Akkreditierungsprozess, der im Gegensatz zu anderen Bundesländern in Bayern bereits vor Beginn des Studienganges erfolgen muss.” Also doch noch keine staatliche Anerkennung? Falls nicht, dann aber so gut wie, denn der Präsident der Steinbeis-Hochschule sei, so Rentsch weiter, “mit den bayrischen Behörden bezüglich unseres Studienganges in Kontakt und hat „grünes Licht“ zum öffentlichen Auftreten gegeben.”

Inhaltlich geht Rentsch nicht auf die Frage der Qualifikation des Lehrpersonals ein. Dabei hätte es vielleicht genügt, auf die akademische Leiterin der neuen Hochschule zu verweisen. Oder lieber nicht? Dr. med. Wiebke Lohmann ist nicht nur promoviert, sondern hat auch ein Lehrbuch zur Homöopathie geschrieben. Darin erfährt man zum Beispiel, dass sich aus der klassischen Homöopathie nicht nur Verfahren wie Schüssler-Salze oder Bachblüten entwickelt haben, sondern auch “Einzelorganbehandlungen” und sogar die Anthroposophie (doch, das steht da so, auf Seite 3). Übrigens war sich Hahnemann “bewusst, dass die homöopathischen Hochpotenzen nicht molekularpharmakologisch wirken können”. Aber das ist Geschichte, “heutige Wirkmodelle der Homöopathie werden z. B. von den Erkenntnissen der Grundlagenforschung, Chaostheorie, Quantenphysik und Wasserforschung abgeleitet” (S. 21). Vor allem der Wasserforschung. Jaques Benveniste, Masaru Emoto, nicht zu vergessen der Kaulquappenhomöopath Peter Christian Endler – für Lohmann alles “wegweisende Wasserforscher”, deren Wissensgebiet wir die Erkenntnis verdanken, dass “Wasser eine hohe Merkfähigkeit und Speicherkapazität” hat. Angesichts von so viel blühendem Quatsch bleibt dem Autor dieser Zeilen die Ironie nun doch im Hals stecken. Immerhin wollen Lohmann und ihre Mitstreiter in Traunstein ein Hochschulstudium mit “wissenschaftlichem Niveau” verkaufen. Das wird dort natürlich niemals erreicht werden, aber hoffentlich eben auch keine staatliche Anerkennung.


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