Quantcast
Channel: Psiram Blog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 588

Vier Frauen und ein Scharlatan

$
0
0
Ein satirischer Esothriller von Eva S. Bernauer.

vier_frauenNormalerweise schreibt Eva S. Bernauer Krimis. Mit Esoterik im Allgemeinen und ihren Methoden im Speziellen hielt sie es – so ist zu vermuten – wie die Meisten in unserer Gesellschaft, die nicht besonders viel damit anfangen können: Das sind vielleicht etwas spleenige Leutchen, aber was solls, die Welt ist bunt und leben und leben lassen. Dass “leben lassen” noch eine ganz andere, unschöne Bedeutung in diesem Zusammenhang haben kann, nämlich ein flottes Dahinsiechen und Sterben, wurde ihr klar, als sie selbst an Krebs erkrankte und von manchen Seiten Ratschläge der “alternativen” Richtung als die einzig wahren Heilmethoden angepriesen wurden. Auch die “Germanische Neue Medizin” des vermutlich inzwischen völlig wahnsinnigen Ryke Geerd Hamer, die behauptet, ein psychischer Konflikt sei Ursache von Krebs jeglicher Art und dessen Auflösung brächte die Heilung – eine sehr schnell tödliche Annahme.

Zum Buch

Bei den ersten Sätzen meint man, sich in einem Groschenroman zu befinden und stellt schon Vermutungen an, ob nicht in der Buchbinderei etwas schief gelaufen sei. Falscher Innenteil mit falschem Umschlag oder etwas dieser Art. Spätestens aber, wenn rührselig der Sarg aus 1000-jährigem Wurzelholz beschrieben wird, muss man schmunzeln, und es kommt das zum Vorschein, was vorn drauf steht: Satire.

Die Handlung ist im Wesentlichen unspektakulär und absehbar: Vier Frauen, die sich regelmäßig treffen, hängen einem Guru an und entwickeln dessen Methode zufällig in einer Art weiter, wie das wohl nur gelangweilten, alleinstehenden Frauen mittleren Alters gelingt, was den Guru begeistert. Der wohl jedem bekannte Effekt der Entzauberung durch Nähe und Wissen tritt auch hier zuverlässig ein. Bei manchen jedenfalls. Aber mehr sei nicht verraten.

Was das Buch sehr lesenswert macht, ist weniger die Handlung, als die Beschreibung der Innensicht der Protagonisten, ihre Denkweisen und Handlungen, die in ihren Einzelschritten nachvollziebar und in ihrer eigenen Logik verständlich sind – bis das Gesamtpaket mit der Realität kollidiert. Wie im richigen Leben also.

Psychologische Forschung bestätigt: Die Gruppenzugehörigkeit steht tendenziell über der “Wahrheit”, d.h. glaubt die Gruppe Unsinn, neigt der Einzelne dazu, diesen ebenso zu glauben, da die Gruppenzugehörigkeit einen höheren Wert als die Tatsachen der blanken Realität darstellt.

An diesem Umstand scheitern so manche Bemühungen von Skeptikern, wenn sie mit Fakten um sich werfen, um dann frustriert festzustellen, dass dann oft ein “Ja aber …” folgt und im Zweifelsfall einfach fröhlich ignoriert wird.

Das macht das Besondere an diesem Buch aus: Es kann von beiden Seiten gelesen werden. Der harmlose Esoteriker findet sich darin zwar wieder, aber satirisch so zugespitzt, dass er selber darüber lachen kann: “Also so arg bin ich auch nicht drauf, man kann ja alles übertreiben …”. Und der Skeptiker schmunzelt: “Genau so sind sie, exakt!” Auch für den profunden Kenner der Esoszene ist das Buch vor allem aus zwei Gründen lesenswert. Erstens: das Psychogramm des Gurus, mit welcher Banalität und Raffinesse sein Dasein konstruiert ist. Als skeptischer Mensch tut man sich in der Regel schwer, sich da hineinzudenken. Zweitens: es ist ein lustiges Buch, man kann schmunzeln, lachen – und auch mal mit dem Kopf den Tisch malträtieren – es langweilt auf keiner Seite. Also alles, was eine gute Geschichte auszeichnet. Legt das Buch unter den Weihnachtsbaum oder in die Spaghettischüssel! Vorher kaufen und lesen natürlich.

 

Leseprobe: http://www.alibri-buecher.de/docs/probe182.pdf

Interview: http://hpd.de/artikel/10258

Homepage: http://vierfrauenundeinscharlatan.wordpress.com/

Fb-Seite: https://www.facebook.com/VierFrauenundeinScharlatan


Viewing all articles
Browse latest Browse all 588