Warum auch immer religiöse Extremisten ein Problem mit Homosexualität haben und gerne ihren geballten Hass (statt gebotener Nächstenliebe) über die von Gott gehassten Schwuchteln (“God hates fags!”) ergießen, wo es doch viel weniger anstrengend wäre, einfach auf Gottes Gerechtigkeit zu vertrauen und diese in der Hölle braten zu lassen – soviel Zeit muss angesichts der Ewigkeit schon sein. Immerhin gibt es einige, die diesen leidenden Sündern helfen und sie von ihrer schrecklichen Krankheit heilen wollen.
Die üblicherweise aus dem evangelikalen Umfeld stammenden Programme werden auch wissenschaftlich untermauert mit einer Studie (Jones, Yarhouse „Ex-Gays? A longitudinal study of Religiously mediated Change in Sexual Orientation“, Intervarsity Press, 2007, ISBN 978-0-8308-2846-3), auf die sich die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) beruft. Deren Sicht auf Wissenschaft ist hinlänglich bekannt – Wissenschaft ist das, was das alte Märchenbuch namens Bibel bestätigt oder wenigstens nicht widerlegt.
Und diese Studie ist sowas von wissenschaftlich:
1) die Studie ist prospektiv, d.h. man hat die Teilnehmer rekrutiert, als sie sich am Anfang ihrer Veränderung befanden. Sie wurden nicht erst hinterher interviewt.
2) sie ist longitudinal, d.h. die Teilnehmer wurden über einen längeren Zeitraum begleitet (zwischen 30 Monaten und vier Jahren) und in diesem Zeitraum mehrfach befragt, um die Veränderungen zu dokumentieren.
3) die Studie umfasst eine ausreichend große Teilnehmerzahl (98 Teilnehmer)
4) es wurden modernste Befragungs– und Auswertungsmethoden eingesetzt, um die sexuelle Orientierung und die psychologische Belastung zu messen
Dumm ist jedoch, dass dabei folgende Dinge (gaaanz sicher versehentlich ) übersehen wurden:
1) Bereits 41 Teilnehmer waren zuvor beim „Exodus Program“ dabei und auch andere Teilnehmer hatten bereits zuvor – teilweise über Jahre – versucht, ihre sexuelle Orientierung zu verändern, womit sie sich z.T. eigentlich bereits vorher in „ihrer Veränderung“ befunden haben müssten bzw. vergeblich versucht haben, eine Veränderung herbeizuführen.
2) Nur ein „längerer Zeitraum“ ist kaum ausreichend, um festzustellen, ob der vermeintliche „Erfolg“ tatsächlich von Dauer ist. Es gibt schließlich auch viele Fälle von vermeintlich „Geheilten“, die im Nachhinein ihre „Heilung“ revidiert haben.
3) Wenn die Studie vom Konzept her bereits schlecht ist, ist eine hohe Teilnehmerzahl relativ nebensächlich.
4) Selbst wenn die Teilnehmer immer noch homosexuelle Begierden hatten und sich nur “heterosexuell verhalten”, so hätten diese nach dem Konzept der Studie trotzdem als „geheilt“ gegolten.
Die beiden Autoren der Studie publizierten bislang vor allem evangelikale “wissenschaftliche” Werke – und über Homosexualität. Die wissenschaftliche Anerkennung jenseits der PBC und anderer evangelikaler Gruppen darf angezweifelt werden.