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Warum kommt die Grippe im Winter?

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Wenn man so über die Grippe nachdenkt, stellt sich die Frage: warum kommt sie eigentlich im Winter? Warum nicht im Sommer? Andere Virenerkrankungen sind da ja nicht so wählerisch. Aber gerade die Grippe ist eine typische Winterkrankheit. Es gibt also offenbar ein Kriterium, das die Grippe im Winter besonders “aggressiv” macht.

Man hatte zwar schon länger nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang mit der Luftfeuchtigkeit gibt, aber überraschenderweise fehlte bis letztes Jahr eine gründliche Untersuchung zum Thema.

Eine im Oktober im freien Journal PLoS One veröffentlichten Studie Relationship between Humidity and Influenza A Viability in Droplets and Implications for Influenza’s Seasonality ging der Frage daher im Detail nach. Es wurde untersucht, wie das Virus unter verschiedenen Bedingungen überlebt. Dabei wurden vor allem verschiedene Grade von Luftfeuchtigkeit von 17% bis 100% untersucht.

Im Fazit wurde festgestellt, dass das Virus bei weniger als 50% Luftfeuchtigkeit bestens gedeiht; Bedingungen, wie man sie in gut geheizten Räumen im Winter üblicherweise vorfindet. Über 50% und bis zu einer Luftfeuchtigkeit von mehr als 98% findet er das “Wetter” nicht mehr so prickelnd.

Bei niedriger Luftfeuchtigkeit überlebt das Virus länger und bleibt aufgrund kleinerer Tröpfchen auch länger in der Luft, bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit ändert sich dann der Übertragungsweg. Das Virus wird nicht mehr primär durch die Luft übertragen, sondern setzt sich in großen Tropfen ab, die dann durch Kontakt infizieren. Dieser Übertragungsweg ist aber vor allem in der Regenzeit in den Tropen von Bedeutung, in unseren Breiten aber weniger interessant.

In Zeiten, wenn man in Räumen weniger heizt, also von Frühling bis Herbst, bleibt die Luftfeuchtigkeit meist in einem für den Virus unangenehmen Bereich; im Winter dagegen, wenn wenig gelüftet wird und die Heizung den Raum austrocknet, fühlt er sich richtig wohl.

Ein Autor der Studie schlägt daher vor, Luftbefeuchter zu verwenden, um die Luftfeuchtigkeit etwas über 50% zu halten. Kommt ein Grippekranker in den Raum und niest, sinken die Chancen für eine Infektion, da das Virus nicht lange in der Luft bleibt.

Selbstverständlich gibt es noch diverse andere Faktoren: so sind verschiedene Stämme unterschiedlich virulent oder verursachen mehr oder weniger Symptome, was die Wahrnehmung der Grippe beeinflusst. Manche Stämme sind hochinfektiös.

Wie man mittlerweile in einer Studie an mehr als 90.000 Blutproben aus 19 Ländern ermittelt hat, haben zwischen 20 und 27% der Bevölkerung Antikörper gegen die Schweinegrippe, d.h. sie wurden vom H1N1-Virus infiziert. Das heißt nicht, dass sie erkrankten, vielleicht verspürten sie nur milde Symptome.

Kinder und Jugendliche waren besonders betroffen: 47% der unter 20-jährigen hatten Antikörper, von den Senioren über 65 dagegen nur 11%.

Die Epidemie, über die heute in manchen Medien als Panikmache gelacht wird, hat also stattgefunden. Das große Glück war, dass das Virus sich im Endeffekt als “relativ harmlos” erwiesen hat. Es hat nur einen von 5.000 Infizierten getötet. Dass ein extrem tödliches “Supervirus” möglich ist, wurde längst gezeigt, nicht zuletzt durch die Spanische Grippe 1920.

Ein zukünftiger Stamm könnte also sowohl hochinfektiös als auch extrem tödlich sein; entsprechende Warnungen sollte man also ernst nehmen. Nicht umsonst führt bereits ein totes Huhn, bei dem Grippeerreger festgestellt werden, zu extremen Maßnahmen wie Quarantäne und Massenschlachtungen.

Bis es einen wirksamen Impfstoff gegen alle Formen der Grippe gibt, ist es wichtig, dass wir die Grippe und ihre Übertragungswege verstehen. Dann kann man sich besser schützen.

In der Zwischenzeit sei noch angeraten, sich impfen zu lassen; auch die “normale” Grippe ist nicht harmlos und fordert jedes Jahr eine hohe Zahl an Opfern. Dieser Tage wurde z.B. Burt Reynolds durch die Grippe auf die Intensivstation befördert.


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