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Evolution der Betrüger. Heute: „Dr.“ Leonard Coldwell

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Richard Dawkins beschreibt in seinem Klassiker “Das egoistische Gen”, wie in einer sozialen Gemeinschaft verschiedene Konzepte der Lebensbewältigung miteinander konkurrieren. Eines dieser Konzepte ist Lug und Betrug, der Gegenentwurf zu einem sozialen Miteinander, welches erstmal auf gegenseitigem Vertrauen beruht. Dieses Konzept funktioniert allerdings nur bis zu einem gewissen Anteil an Betrügern innerhalb einer Gemeinschaft. Wird er überschritten, zersetzt sich die Gemeinschaft, die Basis, jedem erst mal zu vertrauen verliert an praktischer Funktionalität. Dass einem der andere grundsätzlich über’s Ohr hauen will, wird zur Standardannahme und der Vorteil verpufft.

In Zeiten internationaler und anonymer Vernetzung ist die Hemmschwelle zu Lug und Betrug bei so manchen gesunken – was man sich innerhalb einer Dorfgemeinschaft unmöglich hätte leisten können, um nicht die gravierenden Nachteile sozialer Ächtung zu erfahren, ist bei Fremden, die weit weg sind, eher kein Problem mehr.

Die Verlockung, sich betrügend durchs Leben zu hangeln, steigt. Entsprechend nimmt der evolutionäre Druck innerhalb dieser Gruppe zu – man muss schon mit noch großartigeren Pfauenfedern auffahren, um mit seiner Masche Erfolg zu haben. Die Menschen sind nicht mehr so leichtgläubig wie früher, als der Quacksalber zu Fuß noch schneller vorankam als die Nachricht, aus dem letzten Dorf gejagt worden zu sein.

Ein heutiger Meister dieser Disziplin ist Dr. Leonard Coldwell. Wo der Heiratsschwindler Skrupel bekommt, fängt Coldwell erst an. Er hat als Meister begriffen, dass Lügen heutzutage so dick und phantastisch sein müssen, dass jeder normale Mensch denkt, dass man doch gar nicht so unverschämt sein kann, um so zu lügen: also an der Sache doch was dran sein muss.

Wer ist Dr. Leonard Coldwell? Jemand, der behauptet, Krebs innerhalb von Wochen heilen zu können. Wie es sich für einen Meister des Abzockens geziemt, hat er natürlich erkannt, dass lebensbedrohliche Erkrankungen gerne mal den eigenen Verstand reduzieren, Gefühle der Angst und Bedrohung kaum mehr nüchternes Denken zulassen: Die ideale Zielgruppe, um dick Kohle abzuschöpfen.

Aber von vorne: Dr. Leonard Coldwell hieß mal Bernd Klein, und seinen “Dr.” hat er nicht nur einmal, sondern gleich sechsmal gemacht – behauptet er. Krebs heilen konnte er per Geist ab 14 Jahren, selbstverständlich hat kein geringerer als Gott zu ihm gesprochen und ihm die Fähigkeit verliehen. Eine Erfolgsquote von 92,3% ist selbstverständlich.

„Dr.“ Leonard Coldwell müsste nach eigenen Angaben ca. mindestens 120 Jahre alt sein. Sechs Promotionen, 35.000 geheilte Krebspatienten, Forscher, und trotzdem Zeit für’s Sonnenstudio, fesche Goldknöpfe am Zweireiher und mindestens eine halbe Std. Schnurrbartpflege am Tag.

Coldwell hat ein fast unüberschaubares Geflecht aus Versprechungen, Illusionen, Marketingstrategien und medialer Präsenz geschaffen, ein Menschenfänger, der von den Unglücklichen, Suchenden seine Sahne abschöpft. Er ist das, was man unter Biologen als Parasit bezeichnet.

Aber, liebe Leser, lest die Details in unserem überarbeiteten Artikel selbst – es gibt noch ganz viele spannende Details in unserem Wikiartikel.


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