Angelehnt an einen älteren Blog-Beitrag hier, Netzwerke der Abzocker, ist es nun mal wieder an der Zeit, ein Thema aufzugreifen, das in der Szene der Scharlatane, Betrüger und Schwurbler ein außerordentlich beliebter und einträglicher Dauerbrenner ist: der Markt der Nahrungsergänzungsmittel, speziell der Vitamine. Es existieren wenige Bereiche, in denen so viele Mythen unterwegs sind, die von unzähligen Akteuren aufrechterhalten und aus kommerziellen Gründen gepflegt werden.
Auf diesem von vornherein nicht durch Seriösität, Transparenz oder belegte Aussagen gekennzeichneten Markt der Vitalstoffe tummeln sich noch einige Black Mambas, die selbst dort auffallen. Wir wollen uns eine davon, die bisher unter dem Radar geflogen bzw. gekrochen ist, aber durchaus Potenzial zur Szene-Ikone hat, und auch ihren Arbeitgeber etwas näher ansehen.
Die Rede ist von Ulrich „the great white Hope“ Fricke, seines Zeichens selbsternannter und selbstgefeierter Experte und Apostel des Ordens der allheilenden Jungfrau der Vitamine, mit Ambitionen, den ach so maroden Gesundheitsmarkt aufzurollen. Medizinlaie Fricke, von dem keinerlei Qualifikationen oder irgendwelche Ausbildungen im Bereich der Medizin bekannt oder zu erkennen sind, ist offensichtlich wie die Jungfrau zum Kinde zu Erkenntnissen und Einsichten gekommen, die tausenden von Forschern und Institutionen verborgen geblieben sind. Offensichtlich wissen Fricke und seine Gefolgschaft Dinge, die so geheim sind, dass noch nicht einmal diejenigen davon wissen, von denen er behauptet, dass sie es wissen sollen können müssten dürften. Ein echter Wettbewerbsvorteil, der Mann ist ein Genie.
Sollten Sie jetzt, angesichts der ultimativen Verheißung des offenbar ewigen Lebens und der immerwährenden Gesundheit, den spontanen Drang verspüren, aufzuspringen und sofort ins Mekka der Vitalstoff-Erleuchtung aufzubrechen …(und das liegt nicht im fernen Osten, sondern bequem und beschaulich am Rhein), beherrschen Sie Ihre Begeisterung, dem Meister in spe zu huldigen, und achten Sie vor allem auf ihr Portemonnaie. Vielleicht ist es am Ende hilfreich, ein wenig zu verweilen.
Unermüdlich verspricht der Heilsbringer Fricke, über eine Vielzahl von Kanälen, die Heilung oder Verhütung selbst von Alzheimer-Demenz oder Brustkrebs, wenn man nur seine Präparate nimmt oder seine Methoden anwendet, am besten natürlich beides. Einher geht dies mit einem ausgeprägten Mitteilungsbedürfnis, dass sich unaufgefordert und ohne Not in vielfältiger Weise zu den Themen Medizin und Gesundheit und all ihren Implikationen äußert.
So erweckt das von Fricke und seinen Eleven ausgiebig kolportierte SUPERVITAMIN (was immer es auch sein mag) den Eindruck, es sei offensichtlich so genial erfunden, dass es gegen jede auch nur potenziell mögliche Krankheit präventiv und kurativ wirkt. Ein Wunder, Blinde können sehen, Lahme können gehen. Wahrscheinlich auch anwendbar bei eingeschlafenen Füßen, Sprechdurchfall, Zugverspätungen, kratzigen Pullovern, und selbst Opa kriegt wieder Tinte auf dem Füller. Was Fricke in seiner Begeisterung vergessen hat zu erwähnen oder zu beschreiben, ist die unbedeutende Kleinigkeit, was dieses Vitamin denn nun genau ist und macht. Aber vielleicht offenbart sich dies dem geneigten Nutzer, nachdem er in die Abofalle getappt ist. Man soll nie die Hoffnung aufgeben.
Aber seien wir nicht so pingelig. Solch ein Einsatz für die Allgemeinheit muss natürlich honoriert werden. Da Nobelpreise, päpstliche Orden oder auch nur ein Bundeverdienstkreuz nicht in Reichweite sind, muss der Verbraucher zahlen. Denn schlussendlich sind die Aussagen von Fricke und seinesgleichen im wesentlichen eines: vertriebsorientiert … nichts im Leben ist umsonst.
„Doch mit dieser Blockadepolitik muss jetzt ein für alle Mal Schluss sein. Denn es geht dabei um Ihre Gesundheit.“
Und natürlich ein wenig um das Konto des Herrn Fricke. Aber nach all den Predigen muss dann doch etwas in der Kollekte landen, nur das Einsammeln läuft eben anders. Propheten und Verkünder von wahren Heilsbotschaften müssen auch leben. Und das nicht nur von der Liebe und Zuneigung ihrer Fans.
Aber machen wir uns nichts vor, und lassen Sie sich nicht täuschen: das Abzocken schwerkranker Menschen mit falschen Versprechungen oder das sogenannte Disease-Mongering, d. h. Menschen Krankheiten durch angebliche Unter- oder Fehlversorgungen einzureden, sind und bleiben eine äußerst üble Sache.
Und an der Stelle ist dann auch Schluss mit lustig. Fricke und sein Arbeitgeber, der durchaus dubiose zu nennde FID-Verlag, welcher mit Schlagzeilen über Abofallen, Abzocke und Kursmanipulationen in Erscheinung tritt, schrecken nicht davor zurück, mit ihren Veröffentlichungen den Eindruck zu vermitteln, dass ein Großteil der Bevölkerung an Krankheiten dahin siechen wird, die durch Vitaminmangel verursacht sind. Dubiose und einseitig recherchierte Quellen, sinnentstellend zitierte Studien und nach eigenem Gusto erzeugte Schlussfolgerungen verursachen Angst, Verunsicherung und Misstrauen.
Das ist das Geschäftsmodell. Fricke ist mit seinen virtuellen Kaffeefahrten und Postulaten ein besonders übler Fall. Er setzt sich ausschließlich mit dem Versuch in Szene, alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen zu diskreditieren. Kaum ein Artikel oder Absatz von ihm, in dem nicht Medizin und Mediziner, Pharma- und Lebensmittelindustrie sowie alle Institutionen, die mit Ernährung zu tun haben, mit pauschalen und grundsätzlich nie konkret belegten oder nachprüfbaren Aussagen verunglimpft werden.
Eigentlich ist die Ausgangslage einfach. Werbende gesundheits- und/oder krankheitsbezogene Aussagen zu Nahrungsergänzungsmitteln sind in der Verordnung EG Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments (Health-Claims-Verordnung) geregelt. Ist die Angabe nicht zugelassen, darf sie auch nicht verwendet werden. Es gilt das Verbotsprinzip mit sogenanntem Erlaubnisvorbehalt: „Was nicht erlaubt ist, ist verboten.“ Zu den von Fricke und FID propagierten Präparaten und Behauptungen lässt sich keine Genehmigung auftreiben. Fairerweise sollte man erwähnen, dass dies kein exklusives Vergehen von Fricke und dem FID-Verlag ist. Aber es sei an dieser Stelle erwähnt, da es bei diesen Playern eine besondere Qualität hat.
Trotz dieser eindeutigen Regelung können viele Unternehmen unbehelligt agieren. Gründe dafür sind Problemstellungen bei Zulassungsverfahren, denen Nahrungsergänzungsmittel nicht unterliegen und exakte Festlegungen zu zugesetzten Stoffen und Höchstmengen in der Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung fehlen, so dass es den jeweiligen Überwachungsbehörden überlassen bleibt, Einstufungen, Wirksamkeit, Sicherheit und Kontext der entsprechende Aussagen in jedem Einzelfall zu bewerten, sowie bestehende Mängel zu ahnden. Erschwert wird dies durch die chronische Unterbesetzung der damit befassten Institutionen und fehlende Vernetzung. Mittlerweile gibt es aber Urteile, wie das des Oberlandesgerichts Köln (Az.: 6 U 149/07), nach denen beispielsweise MLM-Unternehmen für übertriebene und falsche Werbung mithaften.
Derzeit ist eine rasante Entwicklung im Marktsegment der Nahrungsergänzungsmittel zu beobachten (ca. 6000 neu angezeigte NEM pro Jahr mit steigender Tendenz). Zunehmend werden darin Stoffe verwendet, die bislang nur in Arzneimitteln verwendet wurden und/oder bei denen Zweifel an ihrer Sicherheit bestehen.
Das ist in vielerlei Hinsicht problematisch: Die Lebensmittelüberwachung hat nur begrenzte Kapazitäten und arbeitet nach dem Prinzip der Stichprobenkontrolle, für gerichtsfeste Probenahmen aus dem Internet fehlt noch immer die Rechtsgrundlage. Der Zugriff auf direktvermarktete Produkte ist für die Behörden schwierig. Einem globalen Lebensmittelmarkt steht eine auf Landkreis- Ebene organisierte Lebensmittelüberwachung mit fehlender länderübergreifender Vernetzung gegenüber.
Quelle: Verbraucherzentrale zur Problematik der Handhabung bei der Ahndung von Verstößen
Verbraucherzentrale zur Gesundheitsverspechen bei Nahrungsergänzungsmitteln
Grundsätzlich gilt immer noch: Wenn gesunde Mensch sich ausgewogen ernähren, sind Vitamine, die mit völlig überteuerten Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen werden, überflüssig. Entsteht ein Mangel an Nährstoffen, ist er durch einseitige Ernährung oder durch körperliche Grunderkrankungen bedingt, die adäquat behandelt werden müssen. Dann ist auch evtl. eine Supplementierung erforderlich. Dies erfolgt aber unter ärztlicher Kontrolle und Beratung im Rahmen eines modularen Gesamtkonzeptes. Die übermäßige und hochdosierte Einnahme von Vitaminpräparaten ohne konkrete Indikation kann, vor allem bei fettlöslichen Vitaminen, sogar gesundheitsschädliche Wirkungen auslösen. Und dabei ist es völlig egal, ob synthetisch oder natürlich.
In vitro und in Tierversuchen lassen sich gewisse präventive Effekte darstellen, die für die Zukunft Hoffnung machen. Diese sind aber keinesfalls in der beworbenen Form auf Menschen übertragbar. Und behauptete heilende Effekte sind schlicht und ergreifend zynisch und menschenverachtend erlogen: „Vitamine sind die besseren Medikamente!“ (Fricke) – es wäre lachhaft, wenn es nicht unverschämt wäre. Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel und keine Arznei. Zu empfehlen ist immer die Lektüre seriöser Quellen, die Ihnen nichts verkaufen wollen. Ein Beispiel hier: Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrum.
So entkommen Sie den 5 gefährlichsten Killern
Und „Lesen Sie jetzt Dr. Frickes Enthüllungs-Report“ … ich weiß nicht, ob das zu empfehlen ist; möglicherweise löst dies Netzhautkrebs aus. Aber auch dafür wird der Vitaminapostel Fricke einen Tipp haben. Wie man Menschen wie Fricke entkommt, verschweigen die Publikationen. Mein Tipp wäre: Vorbeugen hilft und Finger weg.
Ansonsten droht Ihnen dieses Schicksal, anstelle der versprochenen Effekte:
FID-Broschüre: Vitamine sind die besseren Medikamente
sieht es dann so aus:
Und wenn sie nach Erstkontakt mit Fricke und dem FID immer noch zuviel Geld haben … die Kollegen der FID kümmern sich auch um den Rest und geben Ihnen denselben, mit total vertraulichen Steuertipps, welche aber jeder abonnieren kann. Ob diese Experten dafür kompetent sind, ist die Frage … aber wozu denn überhaupt, warum gerade dort?