Quantcast
Channel: Psiram Blog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 588

COVID-19: die Hobby-Epidemiologen geben Entwarnung

$
0
0

Große Einschränkungen im sozialen Leben sind spürbar, und die Wirtschaft schlingert. Das muss doch auch anders gehen, sagt sich der Laie, und viele, die schon immer über alles Bescheid wussten, sind auch nun wieder um Lösungen nicht verlegen. Nehmen wir zum Beispiel diese Leuchte der Wissenschaft, den Herrn Professor Walach. Seine Erkenntnisse zur Corona-Pandemie teilt er der Welt unter dem Motto „keine Panik“ mit. Er erläutert zunächst einige Szenarien und schlussfolgert richtig: „Diese [d. h. die soziale Isolation] hilft nur, um den Ansturm auf die Intensivstationen zu bremsen, sonst nicht.“ Was das zu bedeuten hat, wollen wir uns im Folgenden etwas genauer anschauen.

Walachs Seelenruhe beruht auf einem Vergleich mit der Grippe:

Gemessen daran ist die Mortalitätsrate, die wir derzeit aus den weltweiten Zahlen der Corona-Virus-Infektion schätzen können mit 4% nicht höher, sondern eher niedriger.

Doch der Vergleich der Letalität (nicht: „Mortalität“, wie dieser frischgebackene Hobby-Epidemiologe sagt) zwischen Grippe und COVID-19 ist absurd. Gegen Grippe wird geimpft. Wenn ein Vergleich erlaubt ist, dann allenfalls mit der Spanischen Grippe im 1. Weltkrieg.

Die von Walach herangezogene Quelle (Imperial College, hier) enthält diese Schätzungen über die Folgen der COVID-19-Erkrankung (S. 5):

Die entscheidende Größe ist nicht die Zahl der Sterbenden, sondern der schwer Erkrankten: Wenn alle Betten aller Intensivstationen belegt sind, dann dürfen wir diejenigen, die in Spalte 3 verbucht sind, getrost nach Spalte 4 verschieben; das würde alle Altersgruppen ab 40 betreffen! Es ist auch nicht so, dass die Intensivbetten größtenteils leerstehen und auf die COVID-19-Kranken warten. Anders gesagt: Bisher bloß schwere, aber durch intensivmedizinische Behandlung meist heilbare Erkrankungen werden dann tödlich.

But the true danger of coronavirus is unlikely to be the death toll. Experts say health systems could easily become overwhelmed by the number of cases requiring hospitalisation – and, often ventilation to support breathing.
Aber die wirkliche Gefahr des Coronavirus ist nicht die Sterblichkeit. Experten meinen, die Gesundheitssysteme könnten leicht von der Anzahl der Fälle überwältigt werden, die hospitalisiert werden müsen – und oft eine Beatmung benötigen.
www.sciencealert.com

Walach sagt, und dies mit einem gewissen Recht:

Wenn das Virus erst einmal loszieht, dann infiziert es alle bis zu etwa 70% oder 80% der Bevölkerung.

Wenn wir annehmen, dass diese 70-80% Infizierten sich über alle Altersgruppen verteilen, und wenn wir die Relativzahlen der obige Tabelle durch absolute Zahlen ersetzen (Ausgangszahlen hier), dann erhalten wir für Deutschland diese Verteilungen:

Sollten 80% aller Menschen erkranken, dann heißt das, es müssten 5,6 Millionen Menschen wegen COVID-19 im Krankenhaus versorgt werden. Dann müssten mehr als 1,8 Millionen Menschen intensivmedizinisch behandelt werden. Deutschland hatte (2017) knapp 30.000 Intensivbetten. Wenn innerhalb von wenigen Monaten knapp zwei Millionen Schwerstkranke betreut werden müssen, dann … drohen uns Verhältnisse wie im Iran. Unbestätigten Videoclips zufolge sterben Menschen dort auf der Straße, und es sind keineswegs nur die Alten, welche das Land durch sozialverträglich vorzeitiges Ableben entlasten.

Harald Lesch führt eine ähnliche Beispielrechnung vor. Diese taugt als Antidot gegen das unverantwortliche, als Wissenschaft getarnte Geschwätz von Walach, Wodarg usw., sowie dem ihrer Helfer (frontal21, Ihr seid gemeint!).

Flatten the Curve!

Kontrollmaßnahmen: Händewaschen, Heimarbeit, Menschenansammlungen vermeiden, Reisen einschränken usw.

Werden wir es schaffen, unterhalb dieser gestrichelten Linie zu bleiben? Wir wissen es nicht. Seit dem 2. Weltkrieg hat es in Europa keine so große Bedrohung der Zivilgesellschaft mehr gegeben. Aber das Beispiel Ostasiens zeigt, dass es nicht unmöglich ist, diese Pandemie zu besiegen. Voraussetzung ist, dass wir nicht den Flachpfeifen auf den Leim gehen. Wir dürfen uns nicht in die eigene Tasche lügen, dass alles nur ein böser Traum ist, erfunden von [ ___ ] (man setze ein, wen man will); dass es bequemere Wege gäbe.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 588