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Die österreichische Kronenzeitung und Aura Soma

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Und weiter geht es. Wir haben ja schon kurz über den Auftakt einer schmerzhaften Artikelserie geschrieben, den die Krone in ihrer Sonntagsbeilage verbrochen hat. Was natürlich die Krone wenig beeindruckte. Seitdem ist im Wochentakt ein Artikel erschienen, den zweiten Teil findet man bei Atheisten-Info kommentiert, falls man glaubt, etwas verpasst zu haben.

Der dritte Beitrag – bei dem eine Hellseherin mit Verstorbenen wie Falco, Prinzessin Diana, Jörg Haider und anderen sprach – war dann so abstrus, dass sich sogar die Bildzeitung etwas verstört ob des geballten Unsinns zeigte und titelte: “Völlig gaga! Ösi-Zeitung druckt Interviews mit Toten”

Wenn sogar die Bildzeitung etwas als völlig gaga abtut, dann muss einem wirklich ein journalistischer Geniestreich gelungen sein. Gratulation sozusagen.

Da man sich aber von ein wenig Kritik nicht irritieren lassen soll, ging es diese Woche munter weiter mit “Das Farb-Orakel”.

Zum Zuge kam die so genannte Aura-Soma Therapie, die sich als ganzheitliche feinstoffliche Aura- und Seelentherapie sieht. Dazu ein Interview mit Österreichs bekanntester Aura-Soma-Beraterin Barbara Heider-Rauter.

Im Wesentlichen das übliche. Viel Blabla, wenig Substanz. Keinerlei kritische Betrachtung, kein Hinterfragen.

Die internationale Erfolgsgeschichte der Firma wird präsentiert: es ist ja alles so toll. Man sucht unwillkürlich die Randnotiz “Werbung” – vergeblich.

Das Interview mit der Beraterin: ein Genuss der besonderen Art. Die Aura-Soma Verkäuferin erzählt einen Schwank aus ihrer Jugend, bei dem sie mit der Oma durch die Wälder wanderte, Elfen, Waldgeister und Gnome getroffen und natürlich auch mit Tieren gesprochen hat.

Von der Oma, bei der auch regelmäßig Verstorbene durch die Wohnung polterten, habe sie die Gabe geerbt.

Hier stellt sich eigentlich nicht die Frage, wie man das Ernst nehmen kann, sondern eher, wie man als Journalist bei so einer Geschichte überhaupt ernst bleiben soll?

Nun, zumindest dieses Problem scheint die Autorin nicht zu haben, wie man auch schon bei den vorhergehenden Artikeln feststellen durfte. Man merkt, dass sich jeder Journalist nennen darf. Man benötigt keine speziellen Voraussetzungen oder eine irgendwie geartete Ausbildung.

Das soll jetzt keine Kritik an Quereinsteigern in diesen Beruf sein: wenn jemand seine Arbeit gut macht, ist es völlig egal. Aber wenn keinerlei journalistische Qualitäten in Artikeln zu finden sind, fragt man sich doch, ob die Autorin vielleicht nicht lieber Märchenbücher schreiben möchte?

Besonders heftig ist die kleine Info-Box am Schluss, die dem Leser erklärt, was einen “Seriösen Aura-Soma-Experten” ausmacht.

Zum Ersten muss man mal die dritte Stufe der Ausbildung erreicht haben. Außerdem braucht man offenbar noch 111 Flaschen, darf nichts über die Kunden wissen und sie nicht bei der Auswahl der Flaschen beeinflussen.

Dazu gleich die Telefonnummer und die Emailaddresse von Frau Heider-Rauter. Eine Stunde Analyse bei ihr kostet 80 Euro. Wenn man dann noch weiß, das so ein Fläschchen mit 50ml mit ca. 30 Euro zu Buche schlägt (bei Herstellungskosten, die gegen 0 Euro tendieren), wundert man sich nicht mehr, dass 111 Flaschen erforderlich sind.

Wir hoffen übrigens inständig, dass die Dame für die Werbung in der Zeitung bezahlt hat. Fällt so etwas nicht in den Bereich Schleichwerbung?

Wir haben kurz nachgeschaut: Wenn man 3 Wochen Zeit hat und ca. 1.650 Euro bei der Hand, hat man die notwendigen “Kurse” für die 3. Stufe Ruckzuck erledigt. Klarerweise kann man noch für weitere Kurse Geld ausspucken, wie z.B. für den Light-Beamer-Kurs. Dort lernt man für 2.600 Euro offenbar, wie man verschiedenfarbige Laserpointer bedient.

Und man braucht natürlich dann den Aura-Soma Light Beamer Pen und 14 Violen der gängigsten Equilibrium Farbkombinationen, dazu den Kristallaufsatz und die Extrafarben. Macht nochmal 500 Euro, bitte.


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