Rachel Holzwarth hat in ihrem Leben schon viel für Geld gemacht – Kristallschädel, Metatron, pseudofeministische Workshops, und beim indischen Backwahn war sie auch jahrelang dabei. Nach ihrem Sannyasin-Namen „Ma Anand Suraj“ nennt sie sich auch heute noch „Suraj“ Holzwarth. Eines aber kam bei Holzwarth auch für Geld offenbar noch nicht in Frage: ehrliche Arbeit.
Vor ein paar Jahren verlegte sich Holzwarth auf den „Indianertrip“: sie erklärte, dass sie Seneca sei, nannte sich „White Eagle Medicine Woman“ und bastelte eine 2,2 m große Trommel, die sie die „Grandmother Drum“ nennt. Da sollte wohl so etwas wie die Mutter aller Trommeln werden, oder besser: die Mutter aller Lügen. Und davon gab und gibt es bei Holzwarth reichlich. Nicht nur die angebliche Abstammung von den Seneca war erlogen. Holzwarth hatte nichts Handfesteres nachzuweisen als die „Adoption“ durch eine Plastikschamanin; da dies offenbar doch zu peinlich war, änderte sie die Legende und hatte dann geträumt, ihre Vorfahren seien Seneca. Außerdem reklamierte sie – natürlich – die Unterstützung aller möglichen Ältesten und Medizinpersonen überall in Nord- und Südamerika und die Adoption bei den Athabasca (das ist eine Sprachfamilie, aber keine Ethnie), den Yupik, den Aleuten etc. Indigene Ethnien adoptieren nicht, nur Familien oder Einzelpersonen, aber warum sollte sich Holzwarth durch solche Petitessen von geschäftsfördernden Legenden abhalten lassen. Statt dessen behauptete sie überdies, sie habe von den Hopi, den Navaho, den Cheyenne und von der Reservation Pine Ridge die Genehmigung, deren Zeremonien durchzuführen.
Also schulterte Holzwarth ihre Monstertrommel – pardon: ließ sie ihre Monstertrommel von hilfswilligen Anhängern schultern und tourte durch die USA. Hierfür gründete sie eine gemeinnützige Vereinigung und lässt Veranstaltungen organisieren, die sie „Prayerformance“ nennt. Natürlich gegen Eintritt. Üblich waren ca $ 30-40 pro Person. Die finanziellen Risiken dieser Veranstaltungen überlässt sie gerne den Organisatoren vor Ort – ihre Verträge mit Veranstaltern verlangten z.B. im Jahr 2008 zusätzlich zu Anreisekosten und Spesen für die „Prayerformance“ ein Honorar für den ersten Tag von $ 2.500 bzw. 60% der Einkünfte aus dem Verkauf der Eintrittskarten, je nachdem welche Summe höher lag; für jeden weiteren Tag wurde nochmals ein Tageshonorar von $ 1.500 bzw. 60% aus den Ticketverkäufen gefordert. Zusätzlich behielt Holzwarth 100% der Erlöse aus dem Verkauf von Merchandisingwaren bei den Veranstaltungen. Organisatoren waren aufgrund ihrer Forderungen oft darauf angewiesen, selbst Spenden einzuwerben und freiwillige, unbezahlte Helfer zu finden.
Zusätzlich konnten Anhänger für $ 3.666 pro Person das Recht erwerben, Holzwarth auf Veranstaltungsreisen zu begleiten – mussten aber außerdem für die eigenen Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung etc. selbst aufkommen. Für den „Grandmother Drum“-Zirkus hatte Holzwarth die Whirling-Rainbow-Stiftung gegründet, die als gemeinnützig anerkannt wurde. Trotz dieses Status forderte sie bis 2008, Zahlungen auf das Konto der zuvor von ihr betriebenen „ Alaskan Wilderness Women Foundation“ zu überweisen – allerdings war diese Stiftung bereits 1999 behördlicherseits zwangsaufgelöst worden. Legal oder illegal ist offenbar komplett egal, und nicht nur in dieser Hinsicht.
Im Jahr 2008 kam es bei vielen ihrer Veranstaltungen in den USA zu Protesten von indigenen Amerikanerinnen. Holzwarth telefonierte grundsätzlich die Polizei herbei und wusste so ziemlich jedes rassistische Fettnäpfchen zu betreten: die anwesenden Indianer hätten nach ihrer Darstellung einen nach Alkohol und Marihuana riechenden Atem gehabt. Beim ersten – von indigener Seite aus gewaltlosen – Protest wurde ein Wampanoag von Polizeibeamten übel zusammengeschlagen, so dass er mit gefesselten Händen auf dem Boden in einer Blutlache lag; Holzwarth tauchte ihre Hände in sein Blut und schmierte dieses auf die Trommel. Darauf wurden die Proteste gegen ihre Veranstaltungen intensiviert und es lief in den USA keine ihrer „Prayerformances“ mehr ohne indianische Anwesenheit.
Die Forderungen von indigener Seite waren: sie solle sich nicht mehr fälschlich als indigen darstellen und aufhören, zu Unrecht indigene Unterstützung für sich zu reklamieren, keine als indigen dargestellten Zeremonien mehr verkaufen, ihre nachgemachte indianische Kleidung (Hollywoodstil) ablegen und keine Adlerfedern mehr benutzen. Auf diese Forderungen ging Holzwarth anlässlich einer Veranstaltung ein und sagte zu, dies künftig zu unterlassen.
Darauf kamen zu einer weiteren Veranstaltung wiederum mehrere indigene Personen, um sich davon zu überzeugen, dass sie ihre Zusagen einhalte, wofür sie sogar Eintrittskarten kauften. Ungeachtet dessen rief Holzwarth den örtlichen Sheriff und verlangte, dass dieser die anwesenden Indianer aus dem Saal entferne. Nachdem der Sheriff vor Ort nachdrücklich feststellte, er habe dazu keinen Anlass, rief Holzwarth die Staatspolizei mit der falschen Anschuldigung, es handele sich bei diesen indigenen Personen um radikale Demonstranten gegen einen anwesenden indianischen Armeeveteranen. Aber auch die Staatspolizei sah nach Befragungen vor Ort keinen Anlass einzugreifen. Dies hielt Holzwarth nicht davon ab, die falsche Anschuldigung bei Anrufen bei der Polizei in der Folge noch mehrfach zu erheben. Weiterhin ließ sie von ihren Anhängern bzw. ihrer Security anwesende Indianer fotografieren, deren Autokennzeichen notieren etc.
Seinerzeit behauptete Holzwarth auch noch auf ihrer Internetseite, die Trommel enthalte die Asche ihrer verstorbenen Anhängerin Amrahla North, die in Australien nach dem Biss einer Giftschlange gestorben war. Dies wurde von indigenen Amerikanerinnen als Entweihung einer Trommel angesehen. Legal war dies aber auch trotz der liberalen Bestattungsvorschriften in den USA nicht und hätte den Behörden ermöglicht, die Einfuhr der Trommel in andere Bundesstaaten zu untersagen. Daher entfernte Holzwarth entsprechende Passagen recht zügig von ihrer Webseite.
Es wurde schnell genug deutlich, dass Holzwarth keinerlei Absicht hatte, sich an Absprachen und Zusagen zu halten. Daher gab es im Mai 2008 nach mehreren Anzeigen bei einer Veranstaltung eine Razzia des US-Deptmt. for Fish and Wildlife, in deren Rahmen bei Holzwarth alle vorhandenen Adler- und Habichtfedern konfisziert wurden – ein deutlicher Hinweis darauf, dass Holzwarth in keiner Weise gegenüber den Beamten eine indigene Abstammung nachweisen konnte, da sie diese Federn sonst besitzen dürfte.
Natürlich trafen diese Proteste Holzwarth an ganz schmerzempfindlicher Stelle – im Portemonnaie. Etliche geplante Veranstaltungen wurden abgesagt, da die Veranstalter entweder Proteste befürchteten oder durch die indigenen Proteste überzeugt wurden, dass Holzwarth nichts Authentisches anzubieten hatte; andere Veranstaltungen wurden offiziell abgesagt und konspirativ an geheimgehaltenen Orten durchgeführt. Seitdem laufen Holzwarths „Prayerformances“ nur noch in gegen die Außenwelt abgeriegelten Wohnarealen für entsprechend begüterte Weiße und offenbar mit wenig Breitenwerbung.
Dies sieht in Europa und Australien anders aus – obwohl Holzwarth nach eigener Aussage auch in Australien bereits Proteste von Aborigenes zu verzeichnen hatte, von denen sie ebenfalls aufgefordert wurde, ihre Aktivitäten einzustellen. In diesem Jahr wird Holzwarth im Sommer Israel beehren, wo sie nicht zum ersten Mal auftritt. Danach sind Veranstaltungen in Dänemark und Österreich geplant sowie ein „Workshop“ – ein sogenanntes „Drum Keeper’s Initiation Training“ – in Deutschland. Auf der Webseite des „Attersee Friedensfests“ werden für die „Prayerformance“ im September Eintrittskarten zu € 38 verkauft und es wird bereits in Großbuchstaben um Spenden gebeten.
Außerdem können Einzelsitzungen, Heilsitzungen, Zeremonien etc. mit Holzwarth zusätzlich gebucht werden. Eine „Soul Illumination Session“ berechnet Holzwarth mit $ 333 und ein „Private Spiritual Healing Intensive“, das zwischen 1 und 4 Tagen dauern kann, schlägt mit $ 1.111 pro Tag zu Buche.