Wir hatten vor einiger Zeit hier im Blog die rhetorische Frage gestellt: Wer kann von sich behaupten, 5 Millionen Menschen das Leben gerettet zu haben? und erhielten prompt die Antwort in den Kommentaren: Norman Borlaug
Ja, klar. Treffer und versenkt. Man könnte höchstens anführen, dass die Antwort nicht stimmt, weil 5 Millionen viel, viel zu niedrig gegriffen sind für das Lebenswerk des Vaters der Grünen Revolution.
Vor 50 Jahren – zu der Zeit, in der Norman Borlaug wirkte -, herrschte große Sorge vor einer Malthusianischen Katastrophe: Hungersnöten, ausgelöst durch das ungebremste Bevölkerungswachstum.
So begann zum Beispiel die Originalausgabe (1968) des Bestsellers “Die Bevölkerungsbombe” mit dem Satz:
Der bekannte Club of Rome prophezeite dystopisch in Die Grenzen des Wachstums unter anderem, dass sich bis zum Jahr 2000 der Landbedarf verdoppeln, also 3 Milliarden Hektar benötigt würden, um die wachsende Menschheit zu ernähren.
Während so nun trefflich schwarz gemalt wurde, forschte man andernorts an der Verbesserung der Landwirtschaft.
Norman Borlaug, ein Bauernsohn aus Iowa, geboren am 25. März 1914, sah sich selbst als Produkt der Großen Depression. Er hatte als junger Mann verzweifelte, hungrige Menschen erlebt, die auf den Straßen um Essen bettelten.
Während seines Studiums der Forstwirtschaft wurde er durch eine Rede des Pflanzenpathologen Elvin Stakman sehr beeindruckt. Dieser hatte herausgefunden, dass sich durch geeignete Zuchtmethoden krankheitsresistente Sorten schaffen ließen. Der begeisterte Borlaug studierte bei Stakman und machte 1941 seinen Doktor in Pflanzenpathologie, der Lehre der Pflanzenkrankheiten.
Nach seinem Abschluss verschlug es ihn schlussendlich 1944 nach Mexiko, wo er für die Rockefeller Foundation ein Programm zur Verbesserung von Weizen leitete. Die ersten Jahre dort waren die schwersten seines Lebens: die Sprache war ihm fremd, die Bauern feindselig und es mangelte an Material und ausgebildeten Kräften. Von einem Gefühl der Dringlichkeit geleitet, man mag es auch Ungeduld nennen, entwickelte er ein kreatives “Schnellzuchtprogramm”, das es ihm erlaubte, innerhalb von vier Jahren mehrere Sorten zu entwickeln.
Der “große Durchbruch” gelang ihm mit der Idee, japanischen Zwergweizen einzukreuzen. Die so gewonnenen Pflanzen waren kleiner und stabiler. Dadurch konnten sie schwerere Ähren tragen. “Natürliche” Sorten wachsen eher hoch, da dies die Chance erhöht, Sonnenlicht zu ergattern.
Der Ertrag verdreifachte sich. Mexiko, das 1944 noch 60% seines Weizens importiert hatte, war 1956 zum Selbstversorger geworden.
Die Idee von Borlaug machte Schule, 1961 gründeten Rockefeller und Ford Foundation das International Rice Research Institute (IRRI) auf den Philippinen, um für Reis dasselbe zu erreichen. Das IRRI ist aus unserem Blog vielleicht durch das Interview Prof. Potrykus über Goldenen Reis bekannt.
Nun, man kann sagen, der Rest ist Geschichte und 1968 wurde der Begriff Grüne Revolution geprägt. Eine stille Revolution, ohne die die Welt 7 Milliarden Menschen nicht ernähren könnte. Die Schwarzmaler lagen mit ihren düsteren Prophezeiungen nicht weit daneben. Sie hatten nur nicht mit der Innovationskraft eines Norman Borlaug gerechnet.
Um so mehr Grund, dieses grünen Giganten zu gedenken.
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