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Wissenschaftlicher Berater der EU? Nee, wollen wir nicht.

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Wir haben uns schon im August über einen offenen Brief einiger äh – “wohlmeinender” Gruppierungen wie Greenpeace geärgert, in dem sie die Abschaffung des sogenannten “obersten wissenschaftlichen Beraters” (chief scientific adviser) der EU forderten.

Sie taten das mit schönen, klaren Worten:

We hope that you as the incoming Commission President will decide not to nominate a chief scientific adviser and that instead the Commission will take its advice from a variety of independent, multi-disciplinary sources, with a focus on the public interest.Wir hoffen, dass Sie als künftiger Kommissionspräsident sich dafür entscheiden werden, keinen wissenschaftlichen Berater zu nominieren und die Kommission sich stattdessen von einer Auswahl unabhängiger, multidisziplinärer Quellen, mit einem Fokus auf das öffentliche Interesse, beraten lassen wird.

So ein wissenschaftlicher Berater ist so “unabhängigen, multidisziplinären Quellen” wie Greenpeace und anderen offenbar ein Dorn im Auge. Ein Schelm, der bei dieser Formulierung Böses denkt …

Das Ganze hatte natürlich einen konkreten Anlass, der in in der Person, die die Position zur Zeit ausfüllt, begründet liegt: Professor Anne Glover.

Die Mikrobiologin hatte sich nämlich einerseits offen für Biotechnologie und Gentechnik eingesetzt, andererseits war sie auch grundsätzlich sehr unbequem. Sie hatte nämlich offen die “Beweisfindungs-Strategie” der (EU-)Politiker kritisiert.

Wenn ein politischer Wunsch auftaucht, wird der Wissenschaft oft gesagt: “Findet für uns Beweise, die unseren Standpunkt unterstützen.” Anne Glover war dieses Vorgehen ein Dorn im Auge und sie sah die Pflichten ihrer Position auch darin, es zu bekämpfen: Wissenschaftlern zu ermöglichen, jegliche Debatte unabhängig von politischem Druck zu führen.

Ein hehres Ziel, aber natürlich ziemlich idealistisch, um nicht zu sagen utopisch, wie die Realität nun auch bewiesen hat.

In Bezug auf ihre Standpunkte nahm sie kein Blatt vor dem Mund, wie jeder selbst anhand einer sehr offenen Rede, die sie im August hielt, nachprüfen kann. Die Behauptung von Greenpeace, dass sie bzw. ihre Position nicht “transparent” sei, muss an dieser Stelle mit offener Verblüffung kommentiert werden.

Und so kommt es wenig überraschend, dass Professor Anne Glover mit Ende Jänner 2015 ihren Hut nehmen darf, trotz unterstützender Briefe vieler wissenschaftlicher Institutionen und hunderter namhafter Wissenschaftler.

Und nicht nur das: es wurde nicht nur die unbequeme Anne Glover abgesägt – nein, der ganze Posten des “chief scientific adviser” hat damit aufgehört zu existieren.
Auf der Webseite des Science Media Centre hat man diverse “begeisterte” Kommentare, wie z.B. von Professor Sir Paul Nurse, Präsident der Royal Society, gesammelt, der die EU Kommission auffordert, falls es einen plausiblen Plan gibt, wie sie wissenschaftliche Evidenz in Zukunft nutzen will, diesen schnell offenzulegen.

Lesenswert auch die Artikel beim englischen Guardian 1, 2, 3 und des englischen Autors und Journalisten Mark Lynas.

Wir dagegen kommen nicht umhin, den diversen Lobby- und Spenden-Erzeugungs-Organisationen herzlich zu gratulieren:


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