Eigentlich möchte man sich mit Professor Walach gar nicht mehr beschäftigen; man fragt sich im Grunde nur: Warum gibt es dessen Institut noch immer? Die Hochschulkommission hatte ja schon 2012 die Schließung empfohlen.
Aber der gute Mann ist noch immer in Amt und Würden und macht von seinem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch. Beim letzten Text, bei dem es sich um Fortschritt dreht (Zitat: “Ich bin nicht gegen Fortschritt”), muss man sich bereits in der Einleitung arg zusammenreißen, um kein Loch in die Tischplatte zu beißen.
Der Text beginnt mit dem Satz:
Wie lange, schätzen Sie, dauerte zur Zeit der Römer eine Kurierpost von London nach Rom? Eine Woche? Länger? Nein: drei Tage. Ziemlich genau. Und heute? Schätzungsweise 3 Tage: abends nach Heathrow, nachts geflogen, morgens sortiert und am andern Tag ausgetragen. [1]
Ähmm, nein? London – Rom 3 Tage zur Römerzeit? Wie das denn bitte? Hatten die etwa schon Kozyrev-Spiegel?
Vielleicht liefert ja [1] einen Hinweis, wie er auf diese absurden Werte kommt:
[1] Klar, die römische Kurierpost war nur für Kaiser, Beamte und Militär und nicht für jedermann, aber immerhin. Die Information habe ich aus einem Artikel in der Tageszeitung „The Independent“, den ich nicht mehr lokalisieren kann. Ich hoffe, der Journalist hat sauber recherchiert; ich habe die Information nicht geprüft. Aber sie ist ziemlich plausibel. Über Land beträgt die Distanz zwischen Rom und London etwa 1870 km. Rechnet man damit, dass die Römer alle 30 bis 50 km Poststationen mit frischen Pferden und Kurierreitern hatten, keine Pause einlegten, auch in der Nacht nicht – schließlich waren alle Straßen gepflastert – dann war die Distanz bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 30 km pro Stunde in 62 Stunden zu überwinden, also weniger als 3 Tagen.
Ja, das ist die Recherche-Methodik, die wir von Hogwarts an der Oder gewohnt sind und lieben gelernt haben.
Also, lieber Professor Walach, den römischen Kurierdienst, von dem sie da sprechen, den nennt man Cursus publicus. Und tatsächlich, dieser Dienst war eindrucksvoll. Im Durchschnitt war er in der Lage, etwa 70 Kilometer pro Tag zurückzulegen.
Als historisches Beispiel für die Leistungsfähigkeit des Cursus publicus mag zum Beispiel die Nachricht vom Tod des Gaius Cäsar, des designierten Nachfolgers von Kaiser Augustus, genannt sein. Er starb am 21. Februar, AD 4 in der heutigen Türkei, für die fast 2.200 km nach Pisa benötigte sie nicht weniger als 36 Tage.
Das mag dem heutigen Leser, der oft binnen 36 Sekunden (per Twitter und Facebook) erfährt, dass in China gerade ein Sack Reis umgefallen ist, lange erscheinen. Aber es entspricht üblichen Reisegeschwindigkeiten zu jener Zeit.
Gut, Herr Walach wollte aus seiner mit heißer Nadel genähten Einleitung keine Doktorarbeit machen und wenn man die Qualitätskriterien seines Instituts anlegt: Was regen wir uns auf? Schwamm drüber.
Eine kleine Anmerkung vielleicht noch: Auch der ganze Vergleich hinkt. Im angesprochenen Vergleich ging es nicht um Waren, sondern um den Transport von Informationen.
Herr Walach, schon mal was von so neumodischen Erfindungen wie dem Telefon gehört? Ok, Telegraphie vielleicht? Nein, nicht Telepathie. Ach, vergessen wir es. Schwamm drüber.