Die Masern in Berlin und das verstorbene Kleinkind sind gerade in aller Munde und es wird viel diskutiert. Worüber man auch sprechen sollte, ist die Rolle der Medien. Wir haben in der Vergangenheit schon häufiger Zeitungen und auch Fernsehsendungen kritisiert, die im Sinne einer falschen “Ausgewogenheit” auch Impfgegner zu Wort kommen ließen.
![Dr. Jenkins präsentiert die Arbeit von 3 Jahren, aber Roger ist beim Sitzen auf der Couch das Gegenteil einfallen](http://blog.psiram.com/wp-content/uploads/2015/02/balance-300x222.gif)
Dr. Jenkins präsentiert die Arbeit von 3 Jahren, aber Roger ist beim Sitzen auf der Couch das Gegenteil eingefallen
Wenn aber die “andere Seite” absolut unhaltbare Meinungen vertritt, wie z.B. Kreationisten, die Flache-Erde-Gesellschaft oder Impfgegner, ist das aber nicht nur unsinnig, sondern verletzt unserer Meinung nach auch jegliche journalistische Ethik.
Wenn man am Abend (Montag, 23. Februar) ZDF heute eingeschaltet hat, durfte man schon wieder so etwas erleben. Der ZDF hat dem Impfgegner Martin Hirte in einem aktuellen Beitrag angedichtet, er habe in einem Buch die Argumente für und wider das Impfen zusammengetragen, bezeichnet ihn als keinen “prinzipiellen Impfskeptiker” und lässt ihn dann seine Meinung zum Besten geben.
Es fängt schon damit an, dass mit der Einleitung suggeriert wird, dass Hirte im Bereich Impfungen Kompetenz besitzt. Hier sei auf unsere Rezension seines Machwerks verwiesen und natürlich auf unseren Wikiartikel.
Wie man an der Vorgehensweise von Hirte leicht sieht, ist er definitiv ein prinzipieller Impfgegner (wir möchten hier die Medien auch ersuchen, mit dem Wort Skeptiker etwas sorgsamer umzugehen, danke!). In seinem Buch baut er fast gekonnt eine falsches Gleichgewicht zwischen Pro & Kontra auf. Das gelingt ihm auch dadurch, dass er einfach irgend etwas behauptet, eine nett klingende Quelle angibt und sich darauf verlässt, dass sowieso keiner die Originaltexte nachliest.
Dazu kommen noch Müllstudien von Typen wie Mark Geier, denen die Approbation entzogen wurde, weil er mit gefährlichen und unsinnigen Behandlungen autistische Kinder gefährdet und ihre Eltern abgezockt hat.
Martin Hirte ist definitiv ein Experte. Nicht in Bezug auf Impfungen, aber in Bezug auf die falsche Darstellung von Fakten ganz sicher.
Aber es ist nicht nur das ZDF: vor einigen Tagen lud ServusTV zu einer Sendung Grippewelle und Masernfälle: Schützt Impfen wirklich? z.B. den österreichischen Impfgegner Johann Loibner ein. Loibner wurde ebenfalls die Approbation entzogen, allerdings erhielt er sie aufgrund von Formalfehlern wieder zurück.
Es ist im Grunde einleuchtend, dass man keine Diskussion führen kann, wenn alle einer Meinung sind. In eine Diskussion zum Thema: “Ist der Himmel blau?” setzt man einen rein, der behauptet, er sei gelb. Und lässt die Diskussionsgegner an der zur Schau gestellten Ignoranz verzweifeln. Loibner tut sich in dieser Hinsicht sicherlich hervor; er spricht schlicht jeglicher Impfung die Wirksamkeit ab und ignoriert 200 Jahre Medizingeschichte nicht nur völlig – nein, er behauptet sogar das Gegenteil. Der Himmel ist gelb. Punkt.
Interessant ist die Meinung des eingeladenen Psychologen, der meint, dass die Impfgegner viel erfolgreicher seien. Ganz einfach, weil die Medien ihnen immer wieder eine Plattform bieten. Sie erhalten, gemessen an ihrer Zahl, unproportional viel Aufmerksamkeit. Impfgegner sind eine verschwindend kleine Minderheit, die aber immer wieder in den Medien vorkommen.
Gut, bei dieser Art von Talkshow ist sowieso Hopfen und Malz verloren. Man kann über manche Dinge kein Streitgespräch führen, der Himmel ist nun mal nicht gelb. Das Format ist einfach prinzipiell ungeeignet.
Aber bei Nachrichtensendungen wie ZDF heute kann man doch bitte den Unsinn sein lassen und in den wenigen Minuten nur Experten zitieren? Und falls ihr unbedingt Minuten füllen müsst, fragt doch nächstes Mal einfach einen Zirkusclown, der kann vielleicht lustige Zaubertricks vorzeigen. Deren Bildungswert dürfte auch höher liegen.