Vor kurzem haben sich ja 110 Nobelpreisträger gegen Greenpeace und für gentechnisch verbesserte Organismen in der Landwirtschaft ausgesprochen, ein flammender Appell, den ideologisch begründeten und unvernünftigen Widerstand gegen diese Technologie im Allgemeinen und gegen Goldenen Reis im Speziellen doch endlich fallen zu lassen.
Dass dieser Aufruf bei Greenpeace auf taube Ohren fallen würde, war zu erwarten. Aber vielleicht bringt der Aufruf doch ein paar Menschen dazu, sich mit dem Thema zu beschäftigen und eigene Schlüsse zu ziehen.
![Screenshot Bio mit Dr. der Nuklearphysik (Quelle: Forbes)](http://blog.psiram.com/wp-content/uploads/2016/08/shiva_claims-300x179.png)
Screenshot Bio mit Dr. der Nuklearphysik (Quelle: Forbes)
Sie bekämpft die Gentechnik und den Goldenen Reis schon seit mehr als einem Jahrzehnt mit diversen längst widerlegten Behauptungen.
Bekannt ist sie vor allem auch für ihre Anschuldigung, dass sich aufgrund von genmodifizierten Organismen (GMO) in Indien reihenweise Bauern umbringen. Wir haben uns damit im Blog schon mehrfach beschäftigt. Kurzzusammenfassung: Stimmt einfach nicht. Wer es genauer nachlesen möchte, findet dazu in den folgenden Artikeln Details:
- Vandana Shiva: Bauern-Selbstmorde in Indien
- Die Welt: Gentechnik, 250.000 Selbstmordbauern und anderer Unsinn
Obwohl diese Frage schon umfassend untersucht wurde, wird sie nicht müde, weiterhin ihre Geschichte von den indischen Selbstmordbauern zu wiederholen. Auch in Bezug auf Goldenen Reis hält weiterhin sie an ihren vor 15 Jahren aufgestellten, nicht haltbaren Behauptungen fest.
In diesem Zuge prallte sie im Rahmen eines Interviews auf Prof. Hans-Jörg Jacobsen und holte sich dort eine blutige Nase. Gegen den kenntnisreichen Biologen geht sie im moderierten Gespräch vollkommen unter, da er ihre Falschbehauptungen nicht einfach stehen lässt und sie ganz klar zurückweist.
Dass sich Frau Vandana Shiva hinstellt und falsche “Tatsachen” verbreitet, noch Jahre nachdem durch diverse Studien das Gegenteil bewiesen wurde, ist die eine Sache. Dazu kommt aber noch ein weiterer ärgerlicher Punkt, der die überhöhte Selbstdarstellung der Dame betrifft.
Vandana Shiva wird nicht müde, ihre “Qualifikation” bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu erwähnen, schließlich sei sie selbst ja Kern-, Nuklear- und Quantenphysikerin und habe deswegen einen ganzheitlichen Blick auf die Welt.
But I am also a scientist – a fact that Natasha intentionally avoids mentioning. As a Quantum Physicist, I have been trained to look at the interconnectedness and non-separability of processes, which in a mechanistic and reductionist paradigm, are seen as separate and unrelated.
(Quelle)
Schon beeindruckend, was die Frau alles drauf hat. Nuklearphysik, Quantenphysik und eine von Indiens führenden Physikerinnen. Dass sie außerdem Ökofeministin, Autorin, Pionierin, wissenschaftliche Beraterin, Mutter und noch einiges mehr ist, braucht man wohl nicht zu erwähnen.
Blöd nur, dass Journalisten das nachgeprüft haben. Sie hat ihre Doktorarbeit mitnichten in Quantenphysik, Nuklearphysik oder auch nur irgendeiner Spezialisierung von Physik, sondern in Philosophie (!) geschrieben. In der Arbeit “Hidden Variables and locality in Quantum Theory” kam sie einem Forbes-Artikel zufolge zum Schluss, dass die Quantenmechanik philosophisch ungültig und faktisch zweifelhaft sei. Frau Shiva: Nur weil man ein Thema im Titel einer Arbeit erwähnt, ist man noch kein Experte dafür.
Ihre Arbeit im Bereich “Kernphysik” beschränkt sich auf eine kurze Anstellung in einem Forschungszentrum vor 40 Jahren. Sie kündigte dann allerdings, als ihre Schwester sie darauf aufmerksam machte, dass Strahlung gefährlich sei.
Harald Walach könnte sie ja mal einladen – wenn beide nichts davon verstehen, ist das sicherlich auch eine gute Grundlage für ein Gespräch über Quantenphysik.
Man mag hier über die Gründe spekulieren, warum sie sich als etwas darstellt, das sie nicht ist. Sollte sie nicht stolz darauf sein, Philosophin zu sein, ein Bereich mit langer Tradition, mit Standesgenossen wie Aristoteles, Kant oder Sir Karl Popper? In jedem Fall wirft es ein schiefes Licht auf sie und ihr Verständnis von Ehrlichkeit.
Der große Feind von Frau Shiva ist die Globalisierung; sie stellt in ihrem Blog zum Thema GMO und Bauernselbstmorde gleich klar:
Zu Erstens:
Selbstmorde unter Bauern haben sicher nicht plötzlich mit der Globalisierung begonnen, es gibt nur einfach einen Zeitpunkt, ab dem sie tatsächlich statistisch erfasst wurden. Sie könnten natürlich heute vermehrt auftreten, aber die Behauptung, dass es erst seit der Globalisierung Selbstmorde unter Bauern gibt, ist an sich schon absurd. Tatsächlich wird in Indien Selbstmord kulturell als Ausweg, um Schande und Entehrung zu entgehen, glorifiziert. Selbstmord durch Verhungern wird sogar religiös praktiziert. Siehe dazu Suicide: An Indian perspective.
Aber wie wir bereits im oben verlinkten Beitrag (Vandana Shiva: Bauern-Selbstmorde in Indien) ausführten, bezieht sich die ganze “Beweisführung” von Frau Shiva im Grunde auf einen einzelnen “Bezirk” Indiens. Dort ist die Rate an Bauernselbstmorden tatsächlich sehr hoch. Dass die Globalisierung und die weltweiten Baumwollpreise ihren Anteil an einer Misere hatten, die viele Bauern zur Verzweiflung trieb, bestreitet keiner. Es ist aber auch nicht so trivial, dass man einfach nur “Globalisierung, Globalisierung” schreien und mit dem Finger auf Saatgutfirmen zeigen kann. Dafür, dass sich Frau Shiva selbst gerne als holistische, ganzheitliche Denkerin sieht, scheint sie wenig Interesse an komplexen Zusammenhängen und mehr an trivialisierenden Schuldzuweisungen zu haben.
Zu Zweitens: (Häufung der Selbstmorde durch BT-Baumwolle)
Stimmt einfach nicht. Siehe Bauern-Selbstmorde in Indien
Die Definition von GMO:
Kommen wir damit zu Frau Shivas Definition von GMO, die sich etwas von der Definition anderer unterscheidet:
Faszinierend. Frau Shiva hat einfach den Begriff GMO für sich umdefiniert. Während der Rest der Welt – völlig irrigerweise – darunter gentechnisch modifizierte Organismen versteht, sieht sie darin offensichtlich wiederum die Globalisierung und überhaupt alles, was ihr an der Welt nicht passt.
Gerade als Philosophin sollte Frau Shiva verstehen, dass es relativ hilfreich ist, wenn man dieselben Begriffe verwendet wie der Rest der Welt. Wenn man mit dem Wort Gabel nicht gleich die ganze Küche meint.
Ich habe gerade eine Gabel um 5.000 Euro gekauft, mit allem Drum und Dran, von Kühlschrank bis Mikrowelle!
Eine Diskussion mit so jemanden zu führen, ist unmöglich – es ist, als spräche man zwei verschiedene Sprachen. Und auch sehr ärgerlich, weil man irgendwie ständig über verschiedene Dinge spricht. Frau Shiva gibt sich zwar als Vertreterin der Wissenschaft, aber das ist sie aus mehreren Gründen nicht. Um das ganze philosophisch zu beschließen, wollen wir Frau Shiva noch den Rat eines der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts mitgeben, Ludwig Wittgenstein: