Uns fällt gerade auf: wir haben ja wirklich schon ewig nichts mehr über Homöopathie geschrieben. Tatsächlich schon seit März. Eine Ewigkeit im anbrechenden Zeitalter der Generation Z, deren Aufmerksamkeitsspanne gegen 8 Sekunden konvergiert.
Die Wahrheit ist: Homöopathie ist ein 200 Jahre altes Ödnis, ein langer dunkler Fünfuhrtee der Sinnlosigkeit, der nicht mal dunkel ist, sondern nur klares Wasser enthält. Darüber zu reden, ist wie eine Diskussion, ob Stiere Milch geben können. Sie haben zwar keine Euter, aber der Homöopath der Wahl wird einem erklären, dass man nur lange genug schütteln – also – ähm – lassen wir das Beispiel doch lieber.Homöopathie ist langweilig, weil es im Grunde um NICHTS geht. Gähnende Leere. Man schüttelt und schüttelt, damit nichts übrig bleibt. Dass sich Hahnemann vor mehr als 200 Jahren bei seinem Selbstversuch mit Chinarinde vertan, einen Irrtum begangen hat, wollen wir ihm ja nicht mal vorwerfen. Er hat damals sein Gedankengebäude eben auf einen Fehler, also NICHTS, gebaut. Es hätte ja trotzdem zufällig richtig sein können. Theoretisch jedenfalls.
Einem Giordano Bruno ist auch aus „heiterem Himmel“ eingefallen, dass das Universum unendlich sei und es daher auch kein Zentrum geben könne. Beweisbar war das damals nicht, aus heutiger Sicht haben sich viele seiner Gedankengänge als richtig erwiesen und wir würdigen ihn als einen Menschen, der seiner Zeit voraus war.
Auch Hahnemann hätte ja recht haben können. Er lebte in einer Zeit der Quacksalberei und suchte nach Verbesserungen. Seine Verbesserung bestand in einer Zeit, in der es „state of the art“ war, Leute ausbluten zu lassen, einfach darin, nichts zu tun. Das war oft besser, als irgendwas Dummes zu tun (wie den Aderlass), was mehr geschadet als genützt hat.
Vielleicht ist es Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr so wild zugegangen wie im 17. Jahrhundert, aber wenn man sich den Wahnsinn durchliest, der dem französischen König Ludwig XIV angetan wurde, der immerhin ein gekröntes Haupt war und sich eigentlich die besten Ärzte leisten konnte, wird einem Angst und Bange.
Der Mann wäre vermutlich froh gewesen, einen Hahnemann als Arzt zu haben (man verzeihe uns das Jahrhundert, das dazwischen liegt), er hätte womöglich seine Zähne und seinen Gaumen behalten und der Wein wäre ihm nicht beim Trinken aus der Nase gelaufen. Nichts zu tun hat manchmal etwas für sich. Und auch heute noch ist es oft das Klügste. Wie heißt es so schön: Ein Schnupfen dauert ohne Medizin eine Woche und mit Medizin 7 Tage.
Nur, das ist alles zwar eine lustige historische Überlegung, aber macht die Homöopathie selbst nicht spannender. Springt man zweihundert Jahre in die Zukunft, ins Heute, dann ist die Homöopathie noch immer dasselbe. Keine Veränderung. Nichts bleibt eben nun mal nichts.
Nur die Anhänger der Homöopathie wünschen sich offenbar noch immer ins frühe 19. Jahrhundert zurück, zu einem einfacheren Weltbild, bei dem alles wunderbar und flockig ist. Wie in einer Fantasy-Welt. Dort funktioniert das Prinzip der Homöopathie vielleicht, man verdünnt ins Unendliche, schüttelt dabei ordentlich durch und die Wirkung des Ausgangsstoff wird ordentlich potenziert. Wobei man hier spekulieren muss, ein Homöopathischer Fantasy-Roman ist uns keiner bekannt.
Man stelle sich aber zum Beispiel das Ergebnis im Herrn der Ringe vor, Frodo wirft den Ring ins Feuer, er wird verdünnt und dabei so ordentlich durchgeschüttelt. Homöopathie der höchsten Ordnung. Da Gleiches Gleiches heilt, wird sofort alles Böse auf der Welt beseitigt. Wunderbar. Instant-Utopie. Einmal schütteln, fertig.
Nur sogar dort, in der Welt des Tolkien, herrscht Konsistenz, eine innere Logik, das ganze funktioniert so einfach nicht, wie man bei der Rückkehr der Hobbits ins Auenland sofort an den Taten Scharrers sieht. Aber vielleicht handelt es sich dabei ja auch nur um eine Erstverschlimmerung …
Aber bei uns in der wirklichen Welt wird statt Hochprozentigem Hochpotentes gemischt. Und was bleibt? wenn man zum Beispiel mit dem Stier zurückkehrt: Da kann man noch so viel schütteln, ein Ochse bleibt ein Ochse. Von Potenz keine Spur.