Greenpeace behauptet auf seiner Website ja so einiges zur Gentechnik, die wohl zentrale Seite dazu schreibt: Gen-Pflanzen: riskant, unkontrollierbar, nutzlos! und zählt in 4 Hauptpunkten auf, warum die Technologie und die daraus entwickelten Pflanzen so schlimm seien.
Aber ist das wirklich so? Gehen wir das mal Schritt für Schritt durch. Der erste Satz nach der Zusammenfassung ist gleich interessant:
Bei der Genmanipulation werden im Gegensatz zur Züchtung natürliche Grenzen ignoriert und natürliche Abläufe in der Pflanze massiv verändert.
Zur natürlichen, klassischen Züchtung gehört unter anderem die Verwendung von erbgutschädigender Substanzen wie Radioaktivität oder Giften. Diese Methode unterliegt keinerlei Auflagen und mehr als 3.000 Sorten wurden damit geschaffen, wie z.B. die Grapefruitsorten “Star Ruby” und “Ruby Red”, die heute oft in Bioläden verkauft werden. 90% der behandelten Pflanzen überleben eine solche Behandlung nicht, aber der Rest weist hoffentlich eine gewünschte Veränderung auf. Dazu leider im Schnitt noch ca. 20 weitere, bei denen man oft keine Ahnung hat, was sie bewirken.
Im übrigen ist es auch nicht unüblich, per Gentechnik Veränderungen vorzunehmen, die auch durch eine Mutation entstanden sein könnten. Man schaltet z.B. ein Gen aus. Auch ein beliebter Anwendungsfall für obige Methode. Man erzwingt solange zufällige Mutationen, bis das Gen ausgeschaltet ist.
In dem Fall macht man mittels Gentechnik nichts anderes als die “Natur selbst” bei einer zufälligen Mutation getan hätte. Wo ist hier der Unterschied zu gezüchteten Pflanzen? Richtig. Keine zufällige Extramutationen mit unbekannter Auswirkung.
Noch zwei Bemerkungen:
Wenn man Technologien und Verfahren betrachtet, sollte man auch immer die Alternativen betrachten: Welche Verfahren gibt es, und im Vergleich muss man die Vorteile/Nachteile abwägen.
“Natürlich” bedeutet nicht automatisch gut.
Meist werden die Gene mit Schrotschuss-Verfahren in die Pflanzenzellen geschossen. …
Das Verfahren gibt es, siehe Genkanone. Warum gerade dieses Verfahren herausgepickt wurde, erscheint schleierhaft. Blickt man nocheinmal in die Wikipedia so findet man außerdem einen eigenen Artikel über die entsprenden Verfahren unter dem Titel Transformation(Gentechnik), in dem gerade diese Technik nicht einmal erwähnt wird.
Zudem ist die Grundannahme der Gentechnik, ein Gen sei für eine Wirkung im Organismus verantwortlich, von der Wissenschaft inzwischen widerlegt. Die Wechselwirkungen der Gene untereinander sowie das Wirkungsgefüge mit ihren Produkten, den Proteinen, sind wesentlich komplexer als lange angenommen.
Dass ein Gen multiple Auswirkungen haben kann, nennt man Pleiotropie. Wie fundamental neu diese Erkenntnis ist, sieht man vielleicht daran, dass dieser Term bereits 1910 geprägt (aber kaum verwendet) und z.B. 1952 an Fruchtfliegen gezeigt wurde. Heißt, der Effekt ist natürlich bekannt und keine Überraschung.
Der Effekt erschwert die Sache drastisch, ganz klar. Deswegen benötigt man ja auch Versuchsfelder und Forschung. Und idealerweise möglichst unabhängig an Universitäten.
Forscher fanden in den vergangenen Jahren beispielsweise heraus, dass die von Monsanto seit 1996 in den USA vertriebene Roundup Ready Soja im Vergleich zu herkömmlichen Sojasorten 5 bis 10 Prozent geringere Erträge erbringt. In den USA sind inzwischen 95 Prozent der dort angebauten Soja genmanipuliert. Dies bedeutete für das Jahr 2008 Ernteeinbußen von 4 bis 8 Millionen Tonnen.
Da Greenpeace keine Quellen angibt, liefern wir hiermit eine. Der Report stellt tatsächlich fest, dass GMO-Sojabohnen keinen Ertragsgewinn bringen. Wir haben natürlich keine Garantie, dass diese gemeint ist, aber da GP keinerlei Quellen liefert, gehen wir mal davon aus. Es stellt sich die Frage, warum verlinkt Greenpeace eine solche seriöse Studie nicht? Vielleicht deswegen:
The typical pesticide regimes and combinations of several herbicides used prior to the introduction of GT soybeans were generally effective, if inconvenient, in controlling weeds. Glyphosate has been effective against many species of weeds, and therefore more convenient because farmers can often avoid using several different herbicides and spraying schedules, but it does not necessarily provide better weed control than several other herbicides combined.
The fact that the herbicide-tolerant soybeans have been so widely adopted suggests that factors such as lower energy costs and convenience of GE soybeans also influence farmer choices.
Heißt: Die Pflanze bringt weniger Ertrag, aber es zahlt sich trotzdem für die Landwirte aus, GMO-Soja zu pflanzen, weil man weniger Spritzmittel und Fahrten braucht. Wer genauer Bescheid wissen möchte: der Text ist sehr interessant, kritisch und geht noch auf einige weitere Punkte wie Resistenzen ein. Ein weiteres Gegenbeispiel liefert z.B. Rumänien. Nach dem EU-Beitritt und damit dem Verbot von GMO ging der Sojaanbau deutlich zurück. Es war einfach nicht mehr so rentabel, Soja anzubauen.
Viele GMO-Pflanzen wie die Roundup-Ready-Varianten sind sowieso nicht auf höheren Ertrag ausgelegt: sie sind darauf ausgelegt, dass weniger Pestizide benötigt werden.
Das Argument “weniger Ertrag” ist ein Strohmann. Man kann es nur immer wieder wiederholen: Landwirte sind keine Idioten. Sie kalkulieren genau und wenn der Gewinn nicht stimmen würde, hätten sie schon längst andere Sorten angepflanzt.
Superunkräuter durch Gen-Pflanzen: In den USA oder Argentinien, wo Gen-Pflanzen im großen Stil angebaut werden, bekommen Landwirte zunehmend Probleme mit sogenannten Superunkräutern. Die Unkräuter werden mit der Zeit genauso resistent gegen die Spritzmittel wie die Gen-Pflanzen. Die Folge: Der Einsatz von Spritzmitteln steigt.
Alle Unkräuter werden IMMER resistent gegen Spritzmittel werden. Das ist das Prinzip der Evolution. Auch in unseren Breiten muss man sich damit, ganz ohne Gentechnik, auseinandersetzen. Das ist somit kein spezifisches Problem der Gentechnik. Ein guter Artikel findet sich dazu bei biosicherheit.de.
Der US-Agrarwissenschaftler Charles Benbrook hat den großflächigen Anbau herbizidresistenter (HR) Gen-Pflanzen wiederholt untersucht. Seine Ergebnisse zeigen, dass der Anbau von Gen-Pflanzen in den USA zwischen 1996 und 2011 zu einem Mehreinsatz an Pestiziden von 183 Millionen Kilogramm geführt hat.
Die Studie von Herrn Benbrook hat so einige Probleme. Erstmal hat er insektenresistente Pflanzen wie Baumwolle oder Mais, die Insektizide einsparen sollen, und herbizidresistente Pflanzen zusammengemischt. Außerdem gibt es keine verlässlichen Zahlen zur verwendeten Menge von Pflanzenschutzmitteln bei GM/Nicht-GM-Anbau. Was hat Herr Benbrook daher gemacht? Selber geschätzt und Auge mal Pi hochgerechnet. Andere Berechnungen auf Basis derselben Zahlen kommen zu einer Reduktion von 9,1% bei Pestiziden..
Schädlinge werden resistent: …
Im Wesentlichen dasselbe Argument wie bei den Superunkräutern. Über kurz oder lang tauchen immer resistente Schädlinge auf. Wenn man immer das selbe Insektizid verwendet, geht das natürlich schneller. Ein Prinzip der Evolution.
Der Fluch der Gentechnik ist nicht, dass sie nutzlos ist, sondern ihr Erfolg. Bauern würden am liebsten ihre gesamte Ackerfläche damit bepflanzen. Die Politik und die Vernunft müssen hier die notwendigen Einschränkungen treffen, Monokulturen entgegensteuern und mit ausreichenden Refugienflächen die Resistenzen unter Kontrolle halten. Ein Artikel dazu wieder bei biosicherheit.de.
Anti-Gentechnik-Gruppen argumentieren, dass Gentechnik Monokulturen fördern. Gleichzeitig ist die Technologie ihrer Meinung nach nutzlos. Wenn sie nutzlos wäre, würde keiner gentechnisch veränderte Sorten nützen und das Problem wäre gelöst.
Aber da wir in Deutschland keine Gentechnik haben, haben wir wenigstens kein Problem mit Maiswüsten, an denen die Gentechnik schuld ist. Wir schaffen das auch ohne.
Weiter geht es in Teil 2.
Linkempfehlungen:
- Transgen: Forum Bio- und Gentechnologie, Fragen? Hier finden Sie Antworten!
- bioSicherheit: Viele Artikel zur Gentechnik
- NovoArgumente: Magazin mit kritischen Artikel zur Gentechnik
- Science Bridge: Molekulargenetische Experimente für die Schule.