Als Folge von Angriffen auf Ärzte und Mitarbeiter im Gesundheitswesen, bei denen insgesamt 9 Menschen ums Leben kamen, wurden die Impfaktionen in einigen pakistanischen Provinzen gestoppt.
Die Angriffe fanden an mehreren Orten in Pakistan statt – in den Städten Gadap, Landi, Baldia und Orangi die Teile der Großstadt Karachi sind, der größten Stadt von Pakistan mit 21 Millionen Einwohnern. Außerdem in Peshawar, einer Stadt mit 3,6 Millionen Einwohnern. In Peshawar wurden die Anschläge von einer Reihe von Bombenangriffen begleitet, die Panik auslösten.
Da man von einer gezielten, geplanten Mordserie radikalislamischer Extremisten ausgeht, wurden die Impfungen zeitweilig ausgesetzt, um nicht weitere Hilfskräfte zu gefährden.
Pakistan ist eines der letzten Länder, in denen diese schreckliche Krankheit heimisch ist. Wie man sich auf polioeradication.org informieren kann, traten 2012 in nur 4 Ländern Fälle von Kinderlähmung auf.
Die Zahlen sind noch vorläufig; das Jahr ist ja theoretisch noch nicht zu Ende:
Im Tschad gab es dieses Jahr 5 Fälle, den letzten Fall im Juni – ein schöner Erfolg, da es letztes Jahr noch 132 Fälle gab. In Nigeria dagegen traten 119 Fälle auf, wobei 2011 nur 62 Fälle gezählt wurden.
In Afghanistan haben sich die Fallzahlen gut halbiert, von 80 Fällen auf 34. In Pakistan sanken die Fallzahlen von 198 auf bisher 56.
Die Wirkung der Impfkampagnen ist spürbar. Indien ist mittlerweile seit fast 2 Jahren (im Jänner ist es soweit) poliofrei und insgesamt ist die Anzahl der Fälle in den letzten Jahren dramatisch gesunken. Waren es 2010 noch 1.352 Fälle weltweit, hatte man 2011 nur mehr mit 650 Fällen zu tun und schmolz die Zahl 2012 nach bisherigen Erkenntnissen auf 214 zusammen. Mehrere Länder sind poliofrei; die Krankheit ist nur mehr in wenigen Ländern heimisch. Und kann leider auch aus diesen jederzeit wieder exportiert werden.
Als wir im Juli zum Thema schrieben (auch damals gab es einen Anschlag), konnten 350.000 Kinder nicht geimpft werden. Jetzt sind 3,5 Millionen betroffen. Die weltweite Impfkampagne ist damit ernsthaft gefährdet.
Insofern ist diese Entwicklung äußerst bedauerlich und es wird großer Anstrengungen (hier ist vor allem die Politik gefordert) bedürfen, um die Situation in den Griff zu bekommen.
Leider haben die Hilfskräfte auch mit Gerüchten zu kämpfen: sie werden verdächtigt, Spione zu sein und es wurde auch verbreitet, dass die Impfungen mit Aids infiziert seien und Kinder unfruchtbar machen. Misstrauen und Angst wurde in der Bevölkerung gesät und es wird schwer werden, dem entgegenzuwirken. Auch politische Ziele wurden mit dem Impfungen verknüpft, so etwa die Forderung der Taliban, die Drohnenangriffe zu stoppen.
Ein Großteil der pakistanischen Geistlichen hat allerdings dazu aufgerufen, die Anschläge zu verdammen und mehr als 24,000 Moscheen, die zum moderaten Pakistan Ulema Council gehören, haben im Freitagsgebet zur Impfung und wider die Gewalt aufgerufen.
Ob das genügen wird, ist fraglich. Es wird schwierig werden, den Schutz der Tausenden Mitarbeiter der Hilfsorganisationen zu gewährleisten und die Bevölkerung zu überzeugen, dass an den Gerüchten nichts dran ist.
Eine Idee, die aufgetaucht ist, wäre die Impfungen in den Moscheen durchführen zu lassen. Dadurch, dass die Ärzte nicht mehr zu den Kindern gehen müssen, wäre es einfacher, ihre Sicherheit zu gewährleisten. Außerdem könnte die so demonstrierte Unterstützung der Geistlichen das Vertrauen der Bevölkerung in die Maßnahme stärken.
Es bleibt abzuwarten, was das Jahr 2013 bringt. Hoffen wir auf das Beste!